Warum Schulleitungen und Berater sich in Tanaland umsehen sollten

Spiele wie Tanaland vermittelten in den 1970er Jahren dramatisch in der Simulation, wieso Hilfsprojekte in Entwicklungsländern so oft eine erschreckend andere Wirkung haben als beabsichtigt. Tanaland ist ein fiktives Szenario, das in den 1970er Jahren von Dietrich Dörner und seinen Kollegen an der Universität Bamberg entwickelt wurde, um zu erforschen, wie Menschen komplexe Systeme verstehen und managen. In diesem Szenario müssen die Teilnehmer als virtuelle Manager oder Entscheidungsträger agieren, um die Entwicklung eines imaginären Landes namens Tanaland zu steuern. Sie müssen dabei verschiedene Aspekte wie Wirtschaft, Umwelt und Sozialstruktur berücksichtigen, um langfristig positive Ergebnisse zu erzielen. Das Ziel des Experiments war es, Einblicke in die menschliche Problemlösungsfähigkeit und Entscheidungsfindung unter Unsicherheit und Komplexität zu gewinnen.

Die Systemtheorie, ein interdisziplinärer Ansatz zur Analyse und Beschreibung komplexer Systeme, bietet ein nützliches Rahmenwerk, um das Tanaland-Szenario und die Herausforderungen, denen sich die Teilnehmer gegenübersehen, zu verstehen. Die Systemtheorie betont, wie verschiedene Teile eines Systems in Wechselwirkung stehen und wie diese Wechselwirkungen das Gesamtverhalten des Systems beeinflussen. Sie hilft zu verstehen, dass lokale Optimierungen oder Eingriffe in einem Teil des Systems unerwartete und oft unerwünschte Auswirkungen auf andere Teile des Systems oder das Gesamtsystem haben können. Dieses Prinzip wird als "Systemdynamik" bezeichnet.

In Bezug auf Tanaland zeigt die Systemtheorie auf, dass Entscheidungsträger die Komplexität und Vernetztheit der verschiedenen Systemelemente berücksichtigen müssen. Sie müssen verstehen, dass Eingriffe in ein komplexes System wie Tanaland sorgfältig abgewogen und auf ihre potenziellen langfristigen Auswirkungen hin untersucht werden müssen, um negative Rückkopplungsschleifen oder unerwünschte Nebeneffekte zu vermeiden. Die Systemtheorie und das Tanaland-Szenario lehren uns, dass komplexe Probleme eine ganzheitliche Betrachtung und interdisziplinäre Ansätze erfordern, die über einfache Ursache-Wirkungs-Beziehungen hinausgehen.

Das Tanaland-Szenario und die daraus gewonnenen Erkenntnisse haben direkte Implikationen für die Organisationsberatung, insbesondere in Bezug auf das Management komplexer Systeme, Entscheidungsfindung, Problemlösung und Change Management. In Organisationen, ähnlich wie in Tanaland, müssen Führungskräfte und Berater mit einer Vielzahl von miteinander verbundenen Faktoren umgehen, darunter menschliche Ressourcen, Organisationsstrukturen, Technologien, Marktbedingungen und externe Umwelteinflüsse. Hier sind einige spezifische Aspekte, wie das Tanaland-Szenario auf die Organisationsberatung angewendet werden kann:

Systemdenken

Das Verständnis für Systemdynamik und die Fähigkeit, in Systemen zu denken, ist für Organisationsberater von entscheidender Bedeutung. Sie müssen erkennen, wie verschiedene Elemente einer Organisation miteinander interagieren und wie Veränderungen in einem Bereich Auswirkungen auf andere Bereiche haben können. Das Tanaland-Szenario zeigt, dass Eingriffe in ein System unbeabsichtigte Konsequenzen haben können, was in der Organisationsberatung bedeutet, dass Berater eine ganzheitliche Sicht auf Veränderungsinitiativen haben müssen, um negative Rückkopplungen oder unerwünschte Nebeneffekte zu minimieren.

Umgang mit Komplexität und Unsicherheit

Organisationsberater werden oft mit komplexen und unsicheren Situationen konfrontiert, in denen einfache Lösungen nicht ausreichen. Das Tanaland-Szenario lehrt, dass erfolgreiche Strategien in solchen Kontexten eine sorgfältige Analyse der Situation, eine vorausschauende Planung und die Bereitschaft erfordern, Pläne anzupassen, wenn neue Informationen verfügbar werden oder sich die Umstände ändern. Dies betont die Notwendigkeit adaptiver und flexibler Ansätze in der Organisationsberatung.

Förderung von Lern- und Anpassungsfähigkeit

Die Erfahrungen aus Tanaland unterstreichen die Bedeutung von Lern- und Anpassungsfähigkeit in Organisationen. Organisationsberater können dazu beitragen, Lernkulturen zu entwickeln, in denen kontinuierliches Feedback, Experimentieren und das Teilen von Wissen gefördert werden. Diese Kulturen ermöglichen es Organisationen, sich effektiv an Veränderungen anzupassen und aus Erfahrungen zu lernen, um zukünftige Herausforderungen besser zu bewältigen.

Change Management

Veränderungsprozesse in Organisationen ähneln oft den Herausforderungen, die im Tanaland-Szenario vorgestellt werden. Organisationsberater können Change-Management-Strategien entwickeln, die die Komplexität und Vernetztheit von Organisationssystemen anerkennen und sich auf die schrittweise Einführung von Veränderungen, das Management von Stakeholder-Erwartungen und die Minimierung von Widerständen konzentrieren.

Zusammenfassend bietet das Tanaland-Szenario wertvolle Einsichten für die Organisationsberatung, indem es die Bedeutung von Systemdenken, strategischer Entscheidungsfindung und Anpassungsfähigkeit in komplexen und dynamischen Umgebungen hervorhebt. 

Lesetipps:

https://www.frederic-vester.de/deu/documents/IB-Schriften-40JahreNdD%20FVester%20Goellinger_Harrer%2012%202020-final.pdf

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