Wenn einem ganz schwindelig wird: Alle wollen ‘was von mir!

Kann man es denn gar keinem recht machen?

Manchmal befürchtet man ja, zwischen den Erwartungen der anderen und seinen eigenen Ansprüchen zerrieben zu werden: der Chef und die Kollegen möchten etwas, der Partner und die Schwiegereltern sowieso. Menschen, die sich überfordert fühlen, verlieren oft ihren originären Auftrag aus den Augen. Sie beschäftigen sich mit vielen Erwartungen, die aber nicht immer ihrer Rolle bzw. ihren aktuellen Wünschen und Überzeugungen entsprechen.

Dieses Durcheinander wird zusätzlich durch so genannte innere Auftraggeber nicht einfacher. Innere Auftraggeber sind persönliche Anteile, die mit am Tisch sitzen und ebenfalls Aufträge verteilen. Sie sind manchmal kritische, abwertende Stimmen wie Perfektionismus, Leistungsdruck und andere biographische Anteile, z.B. das nicht begonnene oder abgeschlossene Studium, innere Abwerter wie „das schaffe ich nie!“. Sehr hilfreiche innere Stimmen sind dagegen etwa der innere kreative Anteil, der einem vielleicht schon oft zur Seite gestanden hat. Mit inneren Auftraggebern umzugehen, kann manchmal schwierig sein. Diese Aufträge kann man sich nicht so leicht aus den Kleidern klopfen, einfach ablehnen, denn die Kooperation mit sich selbst kann man schlecht kündigen. Und oft sind es altbekannte Figuren, die auch nicht bereit sind, sich so einfach abspeisen zu lassen.

Das so genannte Auftragskarussell ist hier eine hilfreiche Methode zur Klärung einer solchen Situation. Es liefert einen guten Überblick über die äußeren Erwartungen und inneren Anteile. Im Coaching bringen wir dieses „Karussell“, das jemand im Kopf hat, nach außen. Dabei klärt sich nach und nach die Frage, welche verschiedenen „Auftraggeber“ überhaupt beteiligt sind (z.B. die Chefin, der Vorgänger auf der gegenwärtigen Position, Eltern, Kinder, der Lebenspartner, Familienangehörige, Freundinnen usw.) – und: wie jemand in Zukunft mit diesen Erwartungen umgehen will. Oft geht es auch darum, was jemand schlicht glaubt, was ein anderer von ihm erwartet.

Alle (inneren und äußeren) Aufträge werden zunächst auf einzelne Karten notiert: „Unterstütze mich bei .....!“ als unausgesprochener Auftrag von Kollegen oder „sorge dafür, dass es uns gut ergeht, indem du ...“ als ausgesprochener Auftrag der Schwiegermutter usw.

Ich frage als Coach dann Auftrag für Auftrag: Sind Sie bereit diesen und jenen Auftrag anzunehmen? Weisen Sie ihn zurück? Möchten Sie ihn verändern? Dabei bildet der Coachee Kartenstapel und verschafft sich damit einen ersten Überblick. Er ordnet jede Karte einem der drei Stapel zu, also: Annahme, Ablehnung oder Veränderung.

Die beiden Stapel „Annahme“ und „Ablehnung“ werden zur Seite gelegt (mit Annahmen kann man ja gut leben, Erwartungen anderer hingegen dürfen im Zweifel abgelehnt und damit enttäuscht werden, sie können später nochmals aufgegriffen werden).

Die Karten auf dem Stapel „verändern“ werden nun so umformuliert, dass der Coachee sie annehmen kann. Das Motto lautet hierbei: „Diesen Auftrag kann ich so nicht erfüllen, ich kann aber etwas anderes anbieten“. Denn eine völlige Zurückweisung bedeutet ggf. ein (ungewolltes) Ende der Kooperation.

Interessant ist im anschließenden Gespräch, was bei allen Aufträgen anders ist als vorher, welche Musterunterbrechungen zum Ausdruck kommen und wie sich Handlungsspielräume (auch für andere Lebenslagen) nutzen lassen.

Am Ende der Sitzung packt der Coachee seine drei Stapel ein und nimmt sie zur weiteren Reflexion mit nach Hause, wo sie oft ihre weitere Wirkung entfalten.

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Das Tauziehen um Wertvorstellungen

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Herzliches Beileid! Über die Trauer nach einer Beförderung